Ist der Weihnachtsmann ein Fliegenpilz-Schamane?

Weihnachten und die Rauhnächte stehen bevor. Mit ihnen ist eine Gestalt verknüpft, die in den letzten Jahren in alternativen Kreisen zunehmend mit schamanischen Vorstellungen in Verbindung gebracht wird – der Weihnachtsmann. Die rituelle Nutzung von Fliegenpilz (Amanita muscaria) durch sibirische Schamanen spiegele sich in seinem rotweißen Mantel wider, der fliegende Rentier-Schlitten sei ein Hinweis auf die (Astral-?)Reise des Schamanen in die Anderswelt, aus der er Geschenke der Weisheit mit sich bringt und die Fliegenpilze würden zum Trocknen in immergrüne Bäume gehängt, wodurch deren Zweige mit hellroten „Kugeln“ dekoriert würden.

Shaman Claus?
Psychedelischer Winterzauber?

Die Vorstellung, hinter dem Weihnachtsmann verberge sich in Wahrheit eine schamanische Figur, klingt auf den ersten Blick recht verlockend … erweist sich bei genauerer historischer Untersuchung jedoch als nicht haltbar, wie z. B. Thomas Hatsis in seinem Buch Psychedelic Mystery Traditions (S. 158-170) nachweist:

Fliegenpilze (die übrigens am Feuer getrocknet werden müssen, nicht am Baum!) tauchen als Glückssymbol zuerst auf deutschen und österreichischen Neujahrspostkarten auf und finden erst mit Anfang des 20. Jahrhunderts auch als Weihnachtsmotiv Verwendung. Sie mit sibirischem Schamanismus zu assoziieren, hieße Korrelation mit Kausalität zu verwechseln. Auch der Mantel des Weihnachtsmanns verweist nicht auf eine „uralte Tradition“ –  der ist nämlich ursprünglich braun und verändert seine Farbe erstmals im Zuge des Amerikanischen Bürgerkriegs; da verteilt Santa Claus in einer zeitgenössischen Darstellung Rationen an Unionssoldaten und trägt dabei eine rote und mit weißen Sternen besetzte Jacke sowie eine blaugestreifte Hose, um die amerikanische Flagge zu vervollständigen. Er erscheint aber auch weiterhin mit blauen, braunen und goldenen Mänteln, bis sich sein Erscheinungsbild seit dem Jahr 1931 durch die Marketingkampagne von Coca-Cola vereinheitlicht. Davor sehen wir ihn übrigens auch auf einem Schiff, mit dem Auto oder auf dem Fahrrad durch die Gegend reisen – weit entfernt vom schamanischen Flug. In diesem Interview erzählt Thomas Hatsis noch mehr über diese Irrtümer … und zum Gebrauch psychoaktiver Substanzen im frühen Christentum zur Weihnachtszeit:

 

Ach ja, letztens wurde ich noch danach gefragt, welcher Enneagramm-Typ der Weihnachtsmann wäre. Meiner Meinung nach ist er ein ZWEIer – mit einem klaren DREIer-Flügel, seit er sich als Werbefigur für Coca-Cola vermarkten läßt. Zum Enneagramm gibt es ja einen eigenen Kurs in der Grundausbildung.

Ich verabschiede mich mit einem augenzwinkernden Song für alle Enneagramm-Kenner und lichtvollen Wünschen für die nahende Wintersonnenwende!

December 17, 2019

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