Was steht zwischen dir und der Magie? Teil 7: Sich aus der Verantwortung stehlen

In Anlehnung an Äsops berühmte Fabel schreibt der deutsche Dichter und Philosoph Karl Wilhelm Ramler (1725-1798) in seiner Fabellese das folgende Gedicht:

Ein Fuchs, der auf die Beute ging,
fand einen Weinstock, der voll schwerer Trauben
an einer hohen Mauer hing.
Sie schienen ihm ein köstlich Ding,
allein beschwerlich abzuklauben.
Er schlich umher, den nächsten Zugang auszuspähn.
Umsonst! Kein Sprung war abzusehn.
Sich selbst nicht vor dem Trupp der Vögel zu beschämen,
der auf den Bäumen saß, kehrt er sich um und spricht
und zieht dabei verächtlich das Gesicht:
Was soll ich mir viel Mühe nehmen?
Sie sind ja herb und taugen nicht.

François Chauveaus Illustration für La Fontaines Fabeln, 1668

Der Fuchs, der sich verächtlich zeigt über die Trauben, die er nicht erreichen kann und mit erhobenem Haupt in den Wald zurück stolziert, ist ein perfektes Sinnbild für das Schönreden eines Versagens. Der sogenannte Saure-Trauben-Effekt beschreibt den unehrlichen Umgang mit einer Niederlage: Um sich nicht eingestehen zu müssen, daß man einer Herausforderung nicht gewachsen war, behauptet man, sie gar nicht erreichen zu wollen.

Das Verhalten, einem Mißerfolg nachträglich einen rationalen Sinn zu geben, ist nur allzu menschlich … und taucht deshalb auch nicht selten unter Magiern auf. Dort versteckt es sich gerne mal hinter einem vorgeschoben chaosmagischen Zurechtzimmern der Situation („In meinem Paradigma ist das aber so gewollt!“) oder einem getarnten Abtreten der Eigenverantwortung („Die Götter / die Loa / die Karten / die Runen / die aktuelle Sternenkonstellation hatten was Anderes vorgesehen!“).

Der Fuchs und die Trauben von Milo Winter, 1919

Magie soll aber keine Ausrede dafür sein, Rückschläge schönzufärben – geschweige denn, sich das auch noch selbst zu glauben und dadurch vielleicht noch eingebildeter zu werden –, sondern dir mehr Einsicht in dein Leben vermitteln … damit du es souverän meistern kannst.

Damit meine ich weder ein gewaltsames Erzwingen („Alle Geister haben mir zu gehorchen!“) noch eine ergebene Opferhaltung („Das Universum wird sich schon was dabei gedacht haben, das muß ich halt erdulden.“), sondern ein aktives, besonnenes Mitgestalten. Immerhin wäre es gut möglich, daß die Vögel dazu bereit wären, dem Fuchs ein paar Trauben zu bringen, wenn er ihnen dafür ein paar lustige Geschichten erzählt …

Übrigens – so eine Saure-Trauben-Reaktion könnte eines der „Monster“ sein, das du als Teil deiner Schattenarbeit liebgewinnen kannst. Dafür gibt es bald einen außergewöhnlichen Workshop gemeinsam mit Jörg Vogeltanz:

 

Workshop: Love Your Monsters

20. August 2022, 10 – 20 Uhr

Magonia Garten, Amselweg 5, 8052 Heuholz
Einzelpreis: 182 € (inkl. Arbeitsmaterialien / exkl. Verpflegung)

Keine Vorerfahrung nötig. Anmeldung hier.

 

 

Die alten Wege, mit Wendepunkten, Umwälzungen und Bedrohungen umzugehen, funktionieren nicht mehr. Laß uns neue finden.

July 26, 2022

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